Mario Botta und Mapei, das ist eine Geschichte, die seit rund zwanzig Jahren anhält. Zu diesem besonderen Anlass traf sich unser Geschäftsführer Martin Schneider mit dem berühmten Architekten in dessen Büro in Mendrisio, TI zum Gespräch.

Mendrisio, Tessin, Oktober 2021. Die Temperaturen sind für die Jahreszeit ausgesprochen mild – man spürt die mediterrane Brise, die Lust auf Ferien macht. Etwas nervös öffnen wir die Tür des Architekturbüros von Mario Botta und freuen uns darauf, ihn zu treffen. Sein Sohn Tommaso begrüsst uns und begleitet uns zu einem Tisch, inmitten von Plänen, Modellen und anderen Skizzen zu spannenden Projekten. Wir tauchen direkt in die Welt eines Architekten ein, der seinen Beruf zu seiner Leidenschaft gemacht hat. Mario Botta gesellt sich zu uns und nach einer kurzen Vorstellungsrunde fangen wir mit dem Interview an.
Martin Schneider: Sie hatten eine sehr gute Beziehung zu unseren verstorbenen CEOs Dr. Giorgio Squinzi und seiner Frau Dr.ssa Adriana Spazzoli. Können Sie uns etwas darüber erzählen?
Mario Botta: Giorgio Squinzi und Adriana Spazzoli waren in erster Linie meine Freunde. Wir lernten uns während des Umbaus des Mailänder Theaters Scala in Mailand kennen. Sie waren die Sponsoren für das Theater und wir begannen zusammenzuarbeiten, da die Produkte von Mapei natürlich auch für das Theater verwendet werden sollten. Daraus entstand eine freundschaftliche Beziehung, die weit über die Arbeit hinausging. Giorgio und Adriana waren zwei aussergewöhnliche Menschen. Sie haben viel für die Stadt Mailand und indirekt auch für die italienische Wirtschaft getan.

Die 3. Generation hat mittlerweile das Steuer übernommen… Haben Sie das gleiche Verhältnis zu den Kindern Marco und Veronica Squinzi?
Wir kennen uns gut. Aber selbstverständlich ist es etwas anders, weil eine Generation zwischen uns liegt. Zum Glück für sie (lacht), denn ihre Generation hat eine andere Art zu leben und zu arbeiten.

Ein Vorzeigeprojekt steht kurz vor der Fertigstellung: das Space Eye. Was ist der aktuelle Stand des Projekts?
Das Projekt befindet sich noch in der Planungsphase, aber die Bauarbeiten werden bald beginnen. Das Observatorium ist ein kleines, interessantes Objekt auf einem Hügel in der Nähe von Bern. Das Gebäude wird es ermöglichen, vom Himmel, vom Universum und von der Unendlichkeit der Welt zu träumen. (Weitere Infos zum Projekt auf den Seiten 21–23)

Gibt es in der Schweiz noch andere grosse Projekte, die Sie planen?
Ja, es gibt viele, aber es ist sehr schwierig, sie alle umzusetzen. Wir sind gerade dabei, die Wellness-Therme FORTYSEVEN in Baden fertigzustellen, die im November eröffnet wird (Anmerkung der Redaktion: Die Einweihung fand am 18. November 2021 statt). Es ist eine Arbeit, die über ein Jahrzehnt in der besonderen und historischen Stadt Baden in der Nähe des Flusses Limmat entstand. Es war eine sehr interessante Herausforderung, da es sich nicht um ein einzelnes Gebäude handelt, sondern um ein gegliedertes Ensemble, das durch seine Lage die geografischen Elemente der Stadt – den Fluss und den Hügel – mit der Stadt verbindet.

Wussten Sie, dass wir zum Beispiel alle Produkte für die Abdichtung geliefert haben?
Ich wusste, dass die Produkte von Mapei auf Beschluss des Generalunternehmens HRS, das mit der Ausführung dieses Projekts beauftragt war, eingesetzt wurden. Qualitätsprodukte sind bei dieser Art von Bauvorhaben sehr wichtig. (Mehr dazu auf den Seiten 28–29)

Wie wichtig sind für Sie die Baumaterialien und die Lieferanten bei einem Projekt?
In den letzten zehn Jahren hat sich die Baubranche stark verändert. Es werden immer mehr Anforderungen gestellt, dass ein verwendetes Produkt zu einer schnelleren Inbetriebnahme des Gebäudes beitragen soll. Es gibt auch Ansprüche an die Widerstandsfähigkeit oder die Qualität der Materialien. Die von Mapei hergestellten Produkte helfen zum Beispiel dabei, die schnelle Aushärtung oder die Festigung der statischen Struktur zu verbessern. Und so hält die Chemie vermehrt Einzug in die Baubranche.

Wie wichtig sind für Sie nachhaltige Baumaterialien?
Der Traum eines jeden Architekten ist es, dass jedes geplante Gebäude eine Ewigkeit hält. Eine Ewigkeit ist nicht möglich, aber die Beständigkeit eines Projekts ist eine nachhaltige Einstellung. Heutzutage gibt es zu viele Produkte, die nicht lange halten und ausgetauscht werden müssen. Die alten Gebäude waren langlebiger, was ein Vorteil war, da dies später weniger Unterhaltskosten verursachte.
Für einen Architekten ist Nachhaltigkeit auch das Endziel, denn wir möchten uns in unseren Projekten verewigen.

Auf welches Projekt sind Sie besonders stolz und warum?
Das nächste Projekt ist stets das Beste, weil es immer die Hoffnung gibt, dass wir das technologische und kreative Potenzial unserer Generation zum Ausdruck bringen können.

Sie haben so viele legendäre Projekte realisiert. Gibt es noch ein Projekt, das Sie gerne verwirklichen würden?
Ein Kloster, aber es fehlt noch das Fundament, nämlich die Brüder und Schwestern. Ein Kloster repräsentiert die ideale Stadt, das mehr als alles andere perfekt gebaut sein muss, da es die Grundbedürfnisse des Menschen erfüllen muss: Schönheit, Hoffnung, Arbeit, die metaphorisch-physische Dimension und die spirituelle Dimension. Also alle Eigenschaften, die man auch in einer Kleinstadt findet.

Sie haben eine starke Verbindung zu Ihren Tessiner Wurzeln. Welches Tessiner Rezept versetzt Sie in Ihre Kindheit zurück?
Es gibt nicht ein Tessiner Rezept, aber es gibt vielmehr die Tessiner Mentalität, die das mediterrane Flair widerspiegelt. Wenn man aus der Schweiz kommt, gibt es nur die Berge. Aber irgendwann sieht man die Berge nicht mehr und man verspürt ein Verlangen nach der Pianura Padana (Po-Ebene), die uns bis zum Mittelmeer führt. Ich mag das Tessin, weil es zwischen den Alpen und dem riesigen Reich des Mittelmeers liegt. Es ist der Ort unserer historischen Kultur, ein Kanton der Schönheit und des Lichts.
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Mario Botta im Gespräch mit Martin Schneider.
Es war nur ein kurzes Interview, aber trotzdem sehr spannend. An Mario Bottas Stimme haben wir die Ungeduld gespürt, seine Arbeit wieder aufnehmen zu wollen. Mit über 78 Jahren arbeitet der leidenschaftliche Architekt fast zehn Stunden am Tag. Er strebt noch viele weitere Projekte an und wird sich auch in Zukunft nicht zurückhalten, um unsere Sinne zu berauschen.

Zur Person Mario Botta

Mario Botta wurde 1943 in Mendrisio geboren. Als Kind war er von Natur aus schwächlich und gesundheitlich angeschlagen. Er blieb lieber zu Hause, um zu lesen oder zu zeichnen, was sicherlich seine Vorliebe für die Architektur geweckt hat. Nach einer Lehre als Bauzeichner in Lugano besuchte er das Kunstgymnasium in Mailand. Anschliessend studierte er Architektur am Universitätsinstitut für Architektur in Venedig und machte dort 1969 seinen Abschluss. Er arbeitete unter anderem im Atelier von Le Corbusier, ohne ihm jemals begegnet zu sein. Er arbeitete auch mit Carlo Scarpa und Louis Kahn zusammen, die einen grossen Einfluss auf die Entwicklung seines Genies hatten. 1970 eröffnete er sein eigenes Architekturbüro in Lugano, das 2011 nach Mendrisio verlegt wurde, um weniger Zeit im Stau zu verlieren. Neben seiner Arbeit als Architekt betreibt er Lehr- und Forschungstätigkeiten, hält Vorträge und gibt Seminare und Kurse zu Architektur in Europa, Asien und Amerika.

Im Laufe der Jahre erhielt Mario Botta wichtige Preise und Auszeichnungen wie den Chicago Architecture Award (1986), den CICA-Preis – Comité International des Critiques d’Architecture – an der internationalen Architekturbiennale (Buenos Aires, 1989 und 1993), den Europäischen Kulturpreis (Karlsruhe, 1995), den Swiss Award (Zürich, 2003), den Urbanpromo-Preis (Triennale Mailand, 2015) und den Joseph-Ratzinger-Preis (Rom, 2018) für die Gestaltung von über 20 Sakralbauten, der ihm von Papst Franziskus persönlich verliehen wurde.

Da es schwierig ist, seine gesamten Werke zu listen, bieten wir Ihnen einen kleinen Auszug in Bildern zu einigen seiner symbolträchtigsten Bauwerke in der ganzen Welt.
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